Die Hansa-Jolle - Thilo Figaj
In den Nachkriegsjahren, als Segeln mit größeren Schiffen von den Alliierten verboten war und strenge Befahrensgrenzen galten, konstruierte Henry Rasmussen die Hansa-Jolle für Freunde aus dem Weser Yacht Club und vom Norddeutschen Regattaverein. Die knapp sechs Meter lange Kielschwertyacht fand über ihre Ursprungsreviere hinaus Freunde in Bayern, am Bodensee, in Essen am Baldeneysee und an den Talsperren Westfalens.
1960 wird sie Nationale Einheitsklasse des DSV. Nicht nur als Regattaboot findet die Hansa-Jolle Anerkennung. Viele Langfahrten werden mit ihr unternommen. Der mehrfache Weltumsegler Rollo Gebhard segelt mit seiner Solveig bis in das Rote Meer, nach Jemen. Und Berend Beilken, Steuermann im siegreichen Admiral's Cup Team 1973, hat seine ersten Regattaerfolge mit dem Kielschwerter von der Weser.
Ein Buch für alle Freunde kleiner Yachten und den Konstruktionen Henry Rasmussens.
Thilo Figaj
signiert
108 Seiten, 3 Farbfotos, 76 s/w Fotos
15 Tafeln und Abbildungen
Format: 17 x 24.5cm
978-3-926707-07-9
13.00 Euro
Leseprobe: Die Hansa-Jolle
Eine Waggonladung Bootsbauholz und ein chilenischer Pass
Das in seglerischer Hinsicht enttäuschende Jahr 1947 war zu Ende gegangen, doch die Pläne für den kleinen Kielschwerter waren fertig, ein Name war gefunden und das dazugehörige Segelzeichen, eben das Hanseatenkreuz, auch. Was fehlte, war Geld, jedenfalls solches, das noch einen Wert hatte und für das man hätte Material kaufen können. A&R hatte zwar einen Teil ihrer Holzvorräte bei Kriegsende in letzter Minute vor alliiertem Zugriff retten können, indem man das Holz kurzerhand im Hafenbecken des WYC, am A&R eigenen Ausrüstungskai versenkte. Aber einerseits brauchte man selbst Material, um die langsam in Gang kommende Bautätigkeit für ausländische Rechnung zu betreiben, andererseits fehlte hochwertiges Holz für den Yachtbau völlig. Natürlich auch Kupfer für Nieten, oder Bronze für die selbst gegossenen Beschläge. Die Mangelwirtschaft des Krieges hatte alles aufgezehrt; A&R war auch Rüstungsbetrieb gewesen.
Zu dieser Zeit, als Tauschzentralen Waren- und Gütermärkte beherrschten und Zigaretten eine gängige Währung waren, hatte man beim NRV in Hamburg eine glänzende Idee. Man besaß zwar fast nichts mehr, das Clubhaus an der Alster war auch zerstört, aber irgendwie hatten es Vereinsmitglieder verstanden, die Club eigene 12m-R Yacht einigermaßen unbeschadet über den Krieg zu retten und dem gierigen Zugriff des Engländers zu entziehen. Nach geltendem Besatzungsrecht durfte damit sowieso nicht gesegelt werden, wer konnte schon sagen, wann jemals wieder? Was lag näher, als diese Yacht zu verkaufen? Aber an wen?
Der Zufall will es, dass es einen Interessenten gibt. Es ist der Hamburger Holzkaufmann Hans Freudenberg, der einen chilenischen Pass besitzt. Somit kann er ganz legal ein Schiff erwerben und unter chilenischer Flagge segeln. Außer dem chilenischen Pass haben die Brüder Freudenberg auch das Holz. Und so inszeniert der NRV unter seinem Vorsitzendem Erich F. Laeisz, dem Reeder der berühmten "Flying-P-Liner", einen Ringtausch, der den Namen des Zwölfers trägt: das "Sphinx-Programm".